Akut auftretender Schmerz wird als Warnsymptom von uns wahrgenommen und ermöglicht uns zu reagieren, um z. B. Schädigungen,
Verbrennungen zu vermeiden.
Bei chronisch anhaltendem Schmerz, wie er z. B. bei Rückenschmerzen oder Nervenentzündungen auftritt, kommt es zu einer Änderung, zu
Schäden in den Nervenstrukturen.
Diese Änderungen führen dazu, dass Schmerzimpulse vermehrt generiert werden, welche dann unkontrolliert, ungebremst in das Gehirn
weitergeleitet werden. Es kommt somit zu einem sich aufschaukelnden Prozess.
- Der chronische Schmerzimpuls bewirkt eine Änderung der synaptischen Übertragungsmechanismen im peripheren Nerv dahingehend, dass erhöhte Konzentrationen von Botenstoffen ausgeschüttet
werden.
- Bremsende Impulse auf Rückenmarksebene werden abgeschwächt, was zusätzlich zu einer erhöhten Reizweiterleitung in das Gehirn führt.
- Eine langfristige Beeinflussung des Schmerzgedächtnisses wird hierdurch ausgelöst. Dort beschäftigen sich immer mehr Bereiche mit der Beurteilung der eingehenden Schmerzimpulse, immer mehr
Hirnareale werden mit eingebunden. Wir sprechen auch von der zentralen Schmerzmatrix, zu der auch Strukturen des limbischen Systems wie z. B. die Amygdala zählen. Diese Strukturen spielen eine
wesentliche Rolle bei der Konditionierung von Angst durch Schmerz.
"Der Schmerz entsteht nicht an der Fingerkuppe, sondern im Gehirn" (Prof. Zieglgänsberger, 11/2006).
Als Behandlungskonsequenz ergibt sich für die moderne Schmerztherapie somit die Notwendigkeit, Medikamente einzusetzen welche
- Im Bereich der Nervenendigungen die Signalübertragung, Signalentstehung hemmen, dämpfen. First-Line-Therapeutika sind Oxcarbamazepin, Carbamazepin, Gabapentin, Pregabalin, Polperison, welche als
Membranstabilisierer eine Arzt Isolierung bewirken.
- Die Aktivierung des gabaergen Systems auf Rückenmarksebene stellt eine weitere therapeutische Konsequenz dar. Hierdurch wird die Weiterleitung überaktiver peripherer Neuronen gehemmt und somit
die einströmenden Erregungskaskaden in das Gehirn begrenzt.
- Als dritte Säule des Therapiealgorithmus zählen Opiate, welche das Schmerzerleben im Gehirn hemmen und der "Verfestigung" des Schmerzerlebens in der "Schmerzmatrix" entgegenwirken bzw. wieder auf
ein normales Maß zurückführen.
Die Umkehr des Prozesses, welcher bei chronischem Schmerz entsteht, bedarf einer langen, nachhaltigen Schmerzfreiheit, um den sich ansonst selbst unterhaltenden
krankhaften Prozess wieder rückgängig zu machen.